Sicher, SVEN VAN THOM nimmt sich nicht wirklich ernst. Geht man aber davon aus, dass er sich als ernst zu nehmendem Texter und Musiker versteht, dann steckt vielleicht mehr hinter der vordergründigen Ironie. Gestern Abend durften die Besucher des Studios im Admiralspalast einem Konzert beiwohnen, in dem die Grenzen zwischen Ulk und Tragik problemlos verwischt wurden. Dazu lud sich Herr VAN THOM eine ganze Horde befreundeter Kollegen ein.
In langen schwarzen Stuhlreihen und auf dem Boden sitzen Gäste vor der Bühne und warten auf das, was da kommen mag. Als Vorband erscheinen DER ELEGANTE REST in völliger Unterbesetzung. Lediglich ARPEN am Keyboard und TIMO KLÖCKLER an der Gitarre sind anwesend und spielen einen rührseligen, schwierigen Indiepop. Zu ruhigen Melodien werden Wortberge aufgetürmt, für ‚Steine Im Blut‘ wird als Co-Sängerin ANNE-KATRIN GRIMM dazu gerufen.
Nach der Pause ertönt eine Flugzeugansage, um die Damen und Herren auf SVEN VAN THOM vorzubereiten. DIE STAHLHARTEN BÄUCHE entern die Bühne und spielen eine Art Begrüßungslied für den Frontmann. „Was ist eigentlich aus VAN THOM geworden?“, fragt SEBASTIAN BLOCK, seines Zeichens Keyboarder und MEIN MIO-Sänger.
Doch da taucht der „schüchterne“ Sunnyboy mit der Hornbrille auf, um mit seinen Mannen seinen individuellen Country zu spielen. Zu ‚Sie Hatte Einen Namen‘ darf ihn BEATPLANET-Kollege MARTIN GOTTSCHILD in den höchsten Tönen begleiten. Aus dessen Feder stammt auch das gemächlich dahin trabende ‚Lady Snowflake‘. Schon jetzt steht fest, dass eine Viertelstunde VAN THOM und Band witziger ist als eine Stunde Mario Barth.
Bekanntlich nimmt SYNJE NORLAND in der Vorabsingle die Rolle als ‚Trauriges Mädchen‘ ein. Sie kommt in ihrer goldenen Mähne dazu und bekommt die Möglichkeit, auch das eigene ‚Try It So Hard‘ zu spielen. Dabei begleitet sich die Hamburger Folksängerin selbst an der Gitarre, während VAN THOM dezent duettiert.
Seine nächsten Stücke, mal von ihrer Komik befreit betrachtet, lassen dem Entertainer in die Psyche schauen. C. G. Jung würde ihm sicher einen ödipalen, positiven Mutterkomplex bescheinigen, wenn er seine Partnerin nicht akzeptieren kann, wie sie ist (‚Schatz, Halt‘s Maul‘) und daher einen Hang zum Don Juanismus (neuer Song über die Flucht nach dem One-Night-Stand: ‚Bitte Verzeih‘) von sich behauptet. Dass er auch ganz melancholisch kann, zeigt er in ‚Ich Könnte Weinen‘ und ‚Schlecht Im Lügen‘, bei denen er sich von einer Violin-Cellistin begleiten lässt.
Den anschließenden Rücksprung in die Albernheit bei Songs, die augenzwinkernd hilflos den Schlager vor Rock verteidigen wollen (‚Unsere Erste Scheidung‘, ‚Rock Fetzt Nicht Mehr‘), könnte Jung auch erklären. Schon von Gottfried Keller weiß man, dass er sich vor seiner großen Sensibilität schützte, indem er sich über sich selbst lustig machte. Und so lässt auch VAN THOMs Mut zur Peinlichkeit jede unfreiwillige Komik zu freiwilliger werden. Genial.
Nachdem GOTTSCHILD und BLOCK je einen eigenen Song vorgetragen haben, geht SVEN VAN THOM wieder in die Offensive. Er präsentiert seinen Beitrag zum Bundesvision Song Contest 2009 ‚Jaqueline (Ich Hab Berlin Gekauft)‘. Schon ANAJO haben vor zwei Jahren gezeigt, wie man sich in dieses Kommerz-Event einspeisen kann, ohne sich zu entblößen. Indiepop darf alles dürfen.
Natürlich hat der bübisch-freche SVEN VAN THOM auch ein paar Zugabe-Überraschungen parat, wie ein Country-Cover von ROXETTE’s ‚She’s Got The Look‘ zusammen mit Fräulein NORLAND. Er hinterlässt ein Publikum, das sich bestens unterhalten fühlte.
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Foto: © Sven Van Thom