TER HAAR – Delta


Stell dir vor, es ist Musik und alle gehen hin.



„Oleg oder Die belagerte Stadt“ heißt eines der bekanntesten Bücher des niederländischen Schriftstellers Jap Ter Haar. Im Kriegswinter 1942 geraten darin zwei russische Kinder in der belagerten Stadt Leningrad in die Hand deutscher Truppen. Anstatt jedoch ihr erwartetes Ende zu erleben, werden sie von den Feinden wieder zu den russischen Stellungen zurückgebracht. Die optimistische Botschaft Ter Haars: Der Friede zwischen Menschen und die Überwindung der Gegensätze sind möglich.

Die Überwindung und Auflösung von Gegensätzen kennzeichnet auch den Debut-Longplayer der gleichnamigen Berliner Band TER HAAR. Auf Delta belagern eingängige Pop-Melodien Festungen aus verspielten Rhythmen, die sich hinter Wänden aus Brachial-Gitarren und Bass-Riffs verstecken. Verspielte Gitarrenfiguren werden in langen Instrumental-Strecken behutsam aufgebaut und in einer flüchtigen Wendung wieder zum Einstürzen gebracht. Uhrenvergleich, dann wird wie auf Befehl ausgeschwärmt, werden Richtungen geändert, um sich ganz woanders wieder zu vereinigen. Dabei harmonieren die Berliner, als wären sie nicht gerade erst 20, sondern als spielten sie bereits ebenso lange zusammen.

Etwas überraschend scheinen TER HAAR Gefallen an einem weiteren Instrument gefunden zu haben: der Stimme. Gleich auf vier Songs wird mit dem Gesang eine ganz neue Note in den TER HAAR’schen Kosmos eingeführt, die als Unterhändler zwischen den Gegensätzen vermittelt. Unterstützung gibt es von den Label-Kollegen Thom Kastning (KATE MOSH) und Fabian Fenk (BODI BILL). Und sollen sich die Puristen ruhig ärgern: Die Gesangparts fügen sich selbstverständlich ein in den Sound und funktionieren – vielleicht sogar etwas zu gut. Denn bei diesen Songs, allen voran dem wunderbaren ‚A Fryhole‘ fühlt sich der Postrocker zurückversetzt zu alten Helden wie NORTH OF AMERICA, MOGWAI, VAN PELT oder 31 KNOTS – und vermisst den Gesang anschließend sogar ein wenig bei den übrigen Songs. Aber nur ein wenig.

Die Verbindung der Gegensätze gelingt: Mühelos verbinden TER HAAR auf Delta jugendliches Draufgängertum mit dem Sinn für das Ungewöhnliche. Wenn auch alles manchmal gar zu abgeklärt klingt – mit ‚Ping Pong‘ legen TER HAAR noch einmal einen rasanten Abschluss hin und nehmen die Festung Debut-Album im Sturm. Der Krieg mag noch nicht ganz gewonnen sein, die Schlacht ist es allemal.

TER HAAR am 17.02.09 live in Berlin/ Magnet Club (+ Kid Dakota + It’s A Musical)

Ter Haar
Delta
(Sinnbus/ALIVE)
VÖ: 12.12.2008

www.terhaarmusic.de
www.myspace.com/terhaar
www.sinnbus.de

Autor: [EMAIL=arne.wellding@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Arne Wellding[/EMAIL]

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