Es fehlt: der visuelle Kontext.
Böse Zungen mögen sagen: fällt einem sonst nichts mehr ein, beschreitet man irrsinnige Wege, andere hingegen deklarieren es schlicht als Genialität mit musikalischem Wahnsinn im besten Sinne. So oder so – mit ihrer „elektronischen Oper“ Tomorrow In A Year hat das schwedische Geschwisterpaar Karin Dreijer Andersson und Olof Dreijer von THE KNIFE etwas geschaffen, das in dieser Form wohl zunächst einmalig sein dürfte.
Basierend auf Darwins Evolutionstheorie reihen sich, unter der Prämisse, Leben nicht als unbeschwert-heitere Harmonie, sondern vielmehr sich beständig neu erfindenden Schmelztiegel unterschiedlichster Im- und Expressionen zu begreifen, insgesamt 16 wunderliche Stücke zu eineinhalb Stunden Hörerlebnis aneinander, bei dem man sich von Anbeginn irgendwie irritiert zurücklehnt und nicht so recht weiß, was man davon halten soll. Es finden sich Stille, Geräusch, Ton und Stimme – Letztere unter anderem geliehen von Mezzosopranistin Kristina Wahlin Momme und Schauspielerin Lærke Bo Winther aus Dänemark, sowie dem schwedischen Sänger Jonathan Johansson – der klassischen Definition von „Musik“ ist und bleibt es hingegen fremd, setzt aber immerhin die Skurrilität und Eigenheit fort, die THE KNIFE seit jeher auszeichnet. Zu leicht wäre es, mit dem Strom zu schwimmen, stattdessen wird Boykott an der gängigen Musikindustrie praktiziert und ironischerweise gerade dadurch ja dann doch wieder noch mehr Aufmerksamkeit erregt.
Zurück jedoch zu Tomorrow In A Year, das in Zusammenarbeit mit den Musikern Mt.Sims, Planningtorock und Theaterexperimentalisten der dänischen Hotel Pro Forma am 29. Januar im Stockholmer Dansens Hus Premiere feierte, nachdem es seine Feuerprobe zuvor bereits 2009 am Royal Danish Theatre bestand. Dass allein alle sechs Vorstellungen in Schweden innerhalb kürzester Zeit ausverkauft waren und nicht nur im Norden für Pressefurore sorgten, dürfte kaum verwundern, wirft man einen Blick auf den