„Herz statt Kommerz“ (HSK) ist der plakative Titel einer Initiative, die sich anschickt, authentische Musik zu verbreiten. Unter ihren Fittichen darf sich auch THE SEA, eine Hamburger Band, wissen. Sie veröffentlicht ihr selbst betiteltes Debüt mit dem guten Gefühl, „zeitlose“, weil eben retrospektive Indiepopmusik unters Volk zu bringen.
Zur Zeit erleben THE SEA als Band sozusagen ihre Jugend. Hatten sich die Mitglieder 2001 im Zuge eines Selbstfindungstrips des Sängers CHRISTIAN NAUJOKS aus den Augen verloren, gründeten sie sich 2006 neu. Grund dafür war nach eigenen Angaben nicht nur die dazu gewonnene Reife, sondern auch ein gemeinsam durchfeiertes MELT!-Festival, auf dem der Beschluss fiel: Ja, es muss weitergehen.
Neben NAUJOKS (Gitarre, Keyboard) fand sich die gesamte ursprüngliche Mannschaft ein: TORBEN LESKE (Gitarre), JAN BREEDE (Bass) und TOBIAS BADE (Drums, Percussions). Ihre alsbald neu verfassten Songs wurden dann im letzten Jahr auf einer Deutschlandtour, die auch zweimal in Berlin Halt machte, erprobt. Und nun das Album…
Das über eine Minute weilende Gitarrenintro vom Opener ‚Now Is Forever New‘ macht es deutlich – bei dieser Platte liegt die Betonung auf Musikgenuss. Dann durchbricht NAUJOKS schöne Stimme die Harmonie, um sich umgehend in diese einzupassen. Sie singt von komplexen Gefühlen und schwingt sich fast ins Falsett empor. Gegen Ende stimmt dann auch der Rest der Band mit ein.
Wer dann ‚Fallen Stars‘ hört, wird vielleicht bei stillem Gitarrenspiel, Orgel und melancholischen Gesang an die EDITORS denken. Zumindest wird die New Wave-Formel gut angewendet. Dann wird in die Hände geklatscht und mitgesungen. So aufgemuntert legen sich bei ‚Big Hello‘ wohligwarme Melodien aufs Gemüt, und NAUJOKS stellt seine Version eines Willkommens- und Abschiedsbriefs vor („Sorry by wasting your time with an idiot“). Dann wird es mit Trompeteneinsetzen schließlich doch glücklich und versöhnlich.
Wer sich auf einem Indie-Festival wieder zusammengerauft hat, versäumt auch nicht, seinen Vorbildern Respekt darzubringen. So linsen neben THE SMITHS auch PREFAB SPROUT um die Ecke. Neben einem aktiven Schlagzeug und elektronischen Klangwänden (‚The Past‘) darf auch das verträumte Piano nicht fehlen. So beherrscht es die erste von zwei Versionen von ‚Let’s Run Away‘, die sich sowohl musikalisch als auch gesanglich unterscheiden.
Kurzum: THE SEA haben ein Album mit einer ganzen Reihe guter Songs auf die Beine gestellt. Diese werden mal entspannt, mal verzweifelt vorgetragen, jedoch immer in einer recht bedächtigen Manier. Andererseits wird der, der den Genuss an ausgedehnten, fließenden Instrumentalparts nicht teilen kann, sie sicher als ein wenig zu getragen empfinden.
THE SEA am 26.06.08 live in Berlin/ Magnet Club
THE SEA
The Sea
(bbln / Broken Silence Records)
VÖ: 23.05.2008