Vier Jahre nach Outsider melden sich THREE DAYS GRACE zurück. Die Alternative-Rocker aus Toronto hat man in Europa nach wie vor kaum auf dem Zettel. 1997 in Norwood gegründet, kamen sie aus dem Post-Grunge, begaben sich dann in die Nu Metal-Bewegung und sind seitdem eine feste Größe im US-Rockkosmos. Ihr aktuelles Album soll ihren internationalen Status festigen.
Der Opener „So Called Life“ knallt ordentlich ins Ohr. Die Band fasst den Frust des Eingesperrtseins während der Coronakrise in klare Worte: „I can’t seem to stay awake anymore. What a time to be alive – such a waste of fucking time!“ Dann fantasiert MATT WALST (Sänger seit 2013) davon, mit der Kettensäge sich durch die Wände zu bohren. Sein Bruder BRAD spielt nach wie vor Bass und NEIL SANDERSON die Drums und Keys. Der vierte Mann ist Gitarrist BARRY STOCK.
Der Befreiungsschlag geht mit „I Am The Weapon“ die eine kaputte US-amerikanische Jugend beschreibt, die von den Evangelikalen von einem zum anderen Krieg gehetzt wird. Dann wird leider erstmal zu einem ruhigen Elektrorock ausgeruht. Das Feature „Neurotic“ mit Serien-Star LUKAS ROSSI (ROCK STAR SUPERNOVA) kann weniger überzeugen. Das trifft auch auf den Alternative Popper „Someone To Talk To“ mit APOCALYPTICA zu.
Mit der Ballade „Lifetime“ unterstützen sie christliche Initiativen zur Hilfe der Tornado-Opfer aus Mayfield, die im vergangenen Dezember Hab, Gut und geliebte Menschen verloren. Die Trümmer der Kleinstadt im Musikvideo werden zur Seelenlandschaft. Die verbeulte Hoffnungsthematik wird in „A Scar Is Born“ ordentlich rockend und cool fortgetragen. Hier klingen sie sehr nach NICKELBACK. Nein, eine christliche Hoffnungsbotschaft kann die Band bei aller Liebe nicht überbringen: „Trust falls apart and love turns miserable and the light disappears“ („Souvenirs“). Ja, das Unbehagen über den Niedergang der US-Gesellschaft geht auch nicht am als unpolitisch geltenden Amirock vorbei: „The past is gone and the future’s fiction“ („No Tomorrow“).
Was schade ist, dass sich die Band recht auf ihrem Midtempo-Rock ausruht, statt richtig aufzudrehen und wie der Albumtitel verspricht, zu explodieren. Sich mit Katastrophen- und auch Missbrauchsopfern („Chain Of Abuse“) zu solidarisieren, ist ehrenwert. Doch mit dem vorliegenden Material ist eine Poolposition in den Rockcharts oder gar im Netz leider nicht zu erwarten.
Three Days Grace
Explosions
(RCA International, Sony Music)
VÖ: 06.05.2022
Live
21.09.22, Köln, Palladium
22.09.22, Hamburg, Arena
23.09.22, Berlin, Columbia Halle
25.09.22, München, TonHalle