Mile Me Deaf – Eerie Bits Of Future Trips

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Dieser Tage erschien das neue Album Eerie Bits Of Future Trips der österreichischen Shoegaze-Band MILE ME DEAF. Exklusiv für Popmonitor hat Sänger und Gitarrist WOLFGANG MÖSTL die Songs kommentiert…

DIGITAL MEMORY FILES

Catchy Opener mag ich ziemlich gern. Deshalb neige ich dazu, das poppigste Stück des Albums gleich zu Beginn rauszupfeffern. Ich hab den Song letztes Jahr im Sommer auf dem Weg von einem Konzert nach Hause, schwer verkatert im Rücksitz unseres Busses geschrieben. Ich hab die Melodie zur Erinnerung in mein Handy gesungen und diese Aufnahme befindet sich sogar im fertigen Song. Musikalisch ist das eine meiner zig Verneigungen vor „God“ von Naked Lunch. Textlich geht es um den ekelhaften tagtäglichen Wahnsinn, der aber so schnell wie ein schlechter Witz wieder vergessen ist.

EXTENDED FRAUD

Sehr viel von dem Song wurde komplett mit GarageBand am iPhone produziert. Ich bin noch immer überrascht darüber, wie verhältnismäßig gut das Endergebnis klingt, denn das Schlagzeug hab ich mit dem eingebauten Mic am Handy in meinem alten Proberaum bei meinen Eltern aufgenommen. Das war großartig – eine Strophe fertig schreiben, dann im Garten mit der Familie chillen, später wieder weiterschreiben. Textlich handelt das Stück vom heiteren Dasein als „Untergrund“-Musiker.

CAPABLE RIDE

Das Schlagzeug besteht aus einem Drum Loop vom letzten Album und so ziemlich allem was meine Wohnung an Krachmachern so hergegeben hat – Töpfe, eine Bohrmaschine, ein Teppichmesser, die elektrische Zahnbürste. Ich sehe das als eine Hommage an meine Lieblingsband Bulbul und deren Song „I hea eh scho lang nix mehr“. Ich durfte beim Videodreh für eben diesen Song als „Kaffeejunge“ dabei sein, was mir eine Ehre und nebenbei urlustig war. Sofort nachdem ich wieder heim war entstand dieser Song. Das Sample, welches immer wieder zu hören ist und um das der ganze Song mehr oder weniger aufgebaut ist, stammt vom 2007er Song „Kesten In Weiz“.

LIVING IN A SHRINKING HELL

Dieser Song entstand zu Weihnachten 2013, schon ganz knapp nachdem „Holography“ fertig gemischt war. Nachdem die Produktion eine gefühlte Ewigkeit gedauert hatte, wollte ich schon wieder Songs schreiben, dabei waren wir nicht einmal im Studio fertig. Somit ist „Living In A Shrinking Hell“ der älteste Song auf dem Album. Komischerweise ist es für mich der Song, der am wenigsten auf „Holography“ gepasst hätte. Erneut in Oberdorf aufgenommen, habe ich teilweise mit einem Vierspur-Kassettengerät und einem etwa 15 Jahre alten PC gearbeitet. Ich liebe die Stimmung dieses Songs. Für mich klingt es irgendwie wie Sunshine-Pop, der in einem Spuckhaus eingespielt wurde.

TRIPS

Saufen.

OFF THE CORE

Dieser Song ist auf der Sex Jams Tour in den USA entstanden. Wir haben auf einer Hausparty in Indianapolis unter anderem mit den großartigen Raw McCartney gespielt – die Hausband, die auch dort im Wohnzimmer geprobt hatte. Am nächsten Tag hingen wir noch ab und ich spazierte durchs Viertel. Es wirkte alles, als ob dort die Zeit in den Neunzigern stehen geblieben wäre und irgendwie erinnerte mich alles an die Außenaufnahmen von „Roseanne“. Nachdem ich ca. eine Stunde die Titelmelodie von „Roseanne“ vor mich hin gesummt hatte, stellte ich mir vor, wie es wohl klingen würde, wenn Raw McCartney diesen Songs covern würden. Damit war „Off The Core“ eigentlich fertig geschrieben.

ZODIACS

Teil zwei der USA Trilogie. In einem Chicagoer Gebrauchtwarenladen habe ich mich mit alten Kassetten eingedeckt, unter anderen mit einem Tape der Ford Motor Company aus den Achtzigern, das damals wohl standartmäßig der neuen Karre beigelegt wurde. Als Introduktion erzählt eine Stimme von den neuen Features des Autos und natürlich auch des Autoradios. Zuhause wollte ich mit Sprachsamples erst ein paar Übergänge zwischen den Songs basteln und hab das Tape durch meine Gitarreneffekte gejagt und gelooped – aber nachdem ganz zufällig dieses Loop, das nach „we’re not functional while listening to tapes“ klingt, mit den unglaublichen Streichern im Hintergrund da war, wusste ich, dass da noch ein Bass Groove drunter gehört und es eine eigenständige Nummer sein muss. Der recht hohe sägende Ton stammt von einem „Kalender“-Tape für einen alten Timex Sinclair Computer, der wohl Kassetten als Speichermedium nutzte. Eingelegt in einen klassischen Walkman entsteht dieses wunderbare feedbackähnliche Plärren.

SEEKERS

Die dritte Nummer mit Bezug zur USA. Im Rücksitz unseres Vans bastelte ich immer wieder mal mit dem iPad an Ideen herum. Ich hatte diesen Kraut-Beat und wollte eine hypnotische Basslinie dazu finden, nur ist Bass spielen am Tablett im fahrenden Auto nicht die leichteste Übung und so blieb ich bei einer einzigen Note den ganzen Song über mit der Absicht, dass ich den Riff später ändern würde – was natürlich nicht geschah. Der Song ist auch unterlegt mit Sounds eines „Halloween Sound FX“-Tapes, welches sich auch unter den Schätzen aus Chicago befand. Für mich fängt dieser Track recht gut die Stimmung des Unterwegsseins ein – den Kontrast zwischen den scheinbar endlosen Weiten des Highways und der scheinbar grenzenlosen Enge eines PKWs.

POSE AND MOVE

Der zweite Song der vorletztes Weihnachten entstand. Am selben Nachmittag wie „Living in a Shrinking Hell“ aufgenommen gehts auch hier in Richtung gruseliger 60s Pop oder eine Art düsterer Scooby Doo Soundtrack. Es geht irgendwie darum wie man als Musiker fähig sein sollte zu Netzwerken und unaufhörlich für sein „Produkt“ zu werben, und meine „Berufswahl“ dahingehend relativ schlecht war.

HEADNOTE #1

Das ist irgendwie mein liebstes Stück vom Album, denn lange hypnotische Songs mochte ich schon immer sehr. Das ist auch eine Hommage an einen alten „Killed by 9V Batteries“ Song, bzw an deren ersten Bassisten, der bei besagtem Song zehn Minuten lang nur einen einzigen Ton spielte. Doch mein Faible für derartige Eskapaden entdeckte ich bei einem Konzert der großartigen Band „Die Nerven“ wieder, nachdem sie einen Headliner Slot vor ein paar hundert oder tausend Leuten mit einer 15 Minuten Version von „Hörst du mir zu?“ eröffneten. Grandios. Lustigerweise hat deren Bassist Julian nun ein Video zu „Headnote#1“ gemacht.

MILE ME DEAF
Eerie Bits Of Future Trips
(Siluh Records)
VÖ: 24.04.2015

www.milemedeaf.com

 

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