Verschwörungspop – die Dritte

Jetzt ist es raus und damit ist es aus. Es ist nicht leicht, von einem heiß geliebten, großartigen Musiker Abschied zu nehmen, der einen das ganze Leben schon begleitet. Das ging vielen Medienschaffenden mit MORRISSEY so, auch dem einen oder anderen Popmonitor-Autoren. Mit ihnen spielte der Indiestar seit Jahren Katz und Maus, machte krude Aussagen und zog sie sofort wieder zurück. Je näher man ihm kam, desto mehr wollte man ihn lieber ignorieren. Es ist dem Spiegel zu verdanken, dass er seine rechten Ansichten diesmal weder mit Umdeutung noch mit Verschwörungsideologie (der „Lügenpresse“-Vorwurf) ausräumen konnte: Das Magazin stellte das Interview online. Nun wollte er gar nicht mehr mit Medien reden, sondern ließ sich von einem Fan interviewen – und bekannte sich zu der rechtsextremen UKIP-Abspaltung FOR BRITAIN.

Schon im vergangenen Jahr hatte er versucht, die Politikerin Anne Marie Waters, die damals noch für die UKIP antrat, mit einer Verschwörungstheorie zu verteidigen und wich Berliner Fans bei einem Konzert aus, die ihn zu einem demokratischen Bekenntnis aufriefen. Sein aktuelles Album blieb ebenfalls vage. Nun scheint Morrissey ganz ähnlich wie manche „Tierrechtsaktivisten“ von der Tierliebe zum Menschenhass gekommen zu sein: Er ist sich nicht erbärmlich genug, FOR BRITAIN für ihren Tierschutz zu preisen, da die Partei sich genau wie früher der FN und jetzt die AfD gegen das Schächten ausspricht, was unschwer antisemitisch bzw. anti-islamisch deutbar ist. Und wer Hitler zu einem Linken erklärt, hat jeglichen Sinn für die Demokratie verloren. Das ist der internationale aktuelle Verschwörungspop-Skandal.

Zu dem nationalen ist in anderen Medien bereits alles gesagt worden: Bei der Echo-Verleihung 2018 wurden KOLLEGAH und FARID BANG geehrt, obwohl sie auf ihrem aktuellen Album Jung, Brutal, Gutaussehend 3 diskutierte Holocaust-Witze reißen. CAMPINO von den TOTEN HOSEN und die ANTILOPEN GANG kritisierten zu Recht, dass diese nicht der Kern des Problems sind, sondern die antisemitische Verschwörungsideologie dahinter. Die dürfte Kollegah vom türkischen Kreationisten und einstigen Holocaustleugner Harun Yahya gelernt haben, dessen Buch Tod – Auferstehung – Hölle er 2003 übersetzt haben soll. Verschwörungsideologie verbreitete Kollegah in seinen Videos „NWO“ (2013), „Armageddon“ (2013) und „Apokalypse“ (2016) so klar wie dafür bekannte Inforapper. Es ist zwar nett, wenn sich jetzt das Plattenlabel BMG und Schlagerstar HELENE FISCHER distanzieren, doch konsequenter ist es, wie MARIUS MÜLLER-WESTERNHAGEN oder DANIEL BARENBOIM alle Echos zurückzugeben. Wo Geld über Inhalte gesetzt wird, hört der Spaß auf. Bitter und falsch ist es dagegen, wenn sich Rapper wie BEN SALOMO nun enttäuscht aus der Rapszene zurückziehen wollen.

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