VIRGINIA JETZT! – Land Unter


Virginia Jetzt! und der tiefe Fall in die Realität.



Wo sind die frohen und unbeschwerten Zeiten hin? Gibt es sie jetzt wirklich nur noch in der Werbung, denn selbst die Flower-Power-Popper von VIRGINIA JETZT! sind auf ihrer dritten Platte bedrohlich ernster und realistisch geworden. Schon der Albumtitel Land Unter lässt erahnen, dass die Tage gezählt sind, an denen die Deutschrockspezialisten nur ein abwertendes Lächeln über Lippen bringen und VIRGINIA JETZT! in die „Flowerpop-Schublade“ stecken. Für diese Fachidioten sollte Land Unter eher ein Anlass sein, wieder richtig zuzuhören. Klar kann keiner bestreiten, dass diese durchaus polarisierende Band in mancher Hinsicht mit ihren Songs sehr ins Schlagerhafte driftete, aber vielmehr stellt sich jetzt die Frage, ob der Verlust der Leichtigkeit und Naivität der ersten beiden Platten zu schwerwiegend ist, als dass man sich auf etwas einlässt, das so viel besser sein kann als die rosarote Brille der Vergangenheit.

Das dritte Album der Brandenburger bewegt sich für einen kurzen Augenblick noch in bekannten Gewässern. Genauer gesagt bis zum fünften Takt vom Opener ‚Weit weg‘. Ein sehr forderndes Piano spielt die ersten vier Takte, und danach bricht die Band zusammen mit Geigen, die in irgendeiner Weise an Las Vegas erinnern, in den Klangteppich hinein. Alles noch gut und altbewährt freundlich klingend. Doch jetzt werden erste Entwicklungen deutlich. Pessimismus in Perfektion wird hier betrieben, und Nino Skrotzki singt mit seiner Engelsstimme von einer verzweifelten Liebe, die nicht erreichbar ist. Textfetzen wie „Ich will dich sehen, doch ich sehe nur was uns trennt“ stellen schon am Anfang klar, dass die schönen Zeiten der Happy-End-Geschichten bei VIRGINIA JETZT! vorbei sind. Jetzt gibt’s einen gehörigen Schlag mit dem Gegenwartshammer mitten ins Gesicht.

Zwei Tracks weiter werden dann die Distortionpedale (!) in Betrieb genommen und sorgen für einen vollkommen neuen Klang der Band. „Bitte bleib nicht, wenn du gehst“, die erste Singleauskopplung, brettert in rockiger Schrammelmanier über eine gescheiterte Beziehung hinweg, die nichts als Verlustgefühle und Trennungsschmerzen zurücklässt. „Das schlimmste, was es gibt, ist nicht, dass man sich trennt, sondern sich trennt, obwohl man sich liebt“, heißt es, und der Song hat verdammt Recht. Ab hier besiegt Moll eindeutig Dur, bis im Titelsong ‚Land Unter‘ nur noch ein Häufchen Elend von der eins so kindlich naiven Virginia übrig bleibt.

In der zweiten Hälfte finden Themen wie Vergangenheitsbewältigung und Angst vor der Zukunft ihren Platz, bis schließlich in „Mein Herz ist keine Wohnung“ der schon geahnte Bruchstrich gezogen wird. Mit den Worten: „Vielleicht ist es Zeit, dass wir uns verändern“, endet das Album und bringt den schon lange erahnten Umbruch der Band unter Dach und Fach. Sie mussten sich selbst neu definieren, um weiterhin Musik machen zu können, und das hat sehr gut funktioniert. So überraschen sie ihre Fans und Neueinsteiger mit tiefgängigen Songs, bei denen mehr der Song und die Band im Vordergrund stehen als die Produktion. Deswegen klingen die neuen Stücke auch live wesentlich lebendiger als die teilweise überproduzierten Tracks des Albums Anfänger (www.virginia-jetzt.de
www.myspace.com/vjetzt
www.vertigo.fm

Autor: [EMAIL=julius.barg@bands-in-berlin.com?Subject=Kontakt von der Website]Julius Barg[/EMAIL]

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