Vomit Heat – Spirit Desire

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Letzten Monat erschien Spirit Desire, das erste Solo-Album von VOMIT HEAT. Exklusiv für Popmonitor hat NILS HERZOGENRATH, der sonst als Mitglied von ORACLES bekannt ist, seine „Bedroom Psy“-Songs kommentiert…

SPIRIT DESIRE

„Spirit Desire“ ist für mich persönlich ein ‚best of poptracks‘ aus den ersten sieben Jahren solo-musizieren bzw. produzieren und aufnehmen. Es ist aber auch ein bisschen ein Abschied an alte Dämonen und die Lethargie. Seit Ende 2009 habe ich auf ein Album hingearbeitet, aber letztes Jahr habe ich dann das letzte Mal Stücke verworfen, um endlich mit dem ganzen alten Krams abschließen zu können.

LITTLE LOVE/ LITTLE LIGHT

Den Opener habe ich 2012 aufgenommen. Als Vorlage diente ein Loop aus einem Youtube-Rip von einem äthiopischen Oldie. Selbst heute gibt es manche Musik nur von alte,  teilweise halb zerstörten Tapes. Ich glaube, die Interpretin hat das Stück ebenfalls um 2012 noch einmal neu aufgenommen, allerdings kommt alles Instrumentale aus der Büchse und klingt leider einfach nur traurig. Ich habe nie einen originalen Release gefunden, dabei ist sie in Äthiopien nicht unbekannt. Generell sterbe ich tausend Tode für äthiopische Musik – egal ob Folk oder Funk. I love it!

MIRIAM

Der Song wuselt schon länger mit Video im Internet rum und ist der mülligen Frühphase entsprungen. Die Drums sind Faust und Fernbedienung auf der Tischplatte und der Rest mindestens genauso primitiv. Eigentlich für das Album verworfen, dann doch geliebt. Der Text macht keinen Sinn. Überall sind Hänger oder Fehler versteckt. Das meine ich mit Müll. Ich liebe den Dreck-Sound – wenn Leute sich trauen, einfach etwas rauszuhauen.

IN LEVITATION

Das ist eins der neueren Stücke von 2015 und so spontan aus sich heraus entstanden – ohne zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Ich glaube, da sind vier oder fünf verschiedene Gitarren-Stimmungen am Start. Das werd ich mit einer Band niemals nachgebaut bekommen.

PRETENDER

Der Track ist ein kleiner, geheimer Joke für mich.Gut,  jetzt nicht mehr. Den habe ich mal für einen Lo-fi-Dude gemacht, der damals über Myspace seinen Tod gefaket hat. Er hatte nichts mit Shoegaze-Sounds zu tun, obwohl der Song am meisten nach Shoegaze klingt. Früher war ich mehr obsessed mit fuzz sounds. Ich meine damit, dass ich mir nicht mehr so oft die Ohren mit den Incapacitans und Gerogerigegege zerballer. Dann levitiere ich mittlerweile lieber in Trance bei Datashock, Sylvester Anfang oder Tanz Mein Herz.

DAYDREAM MACHINE

Aus der selben Zeit wie „Levitation“ und mit ähnlicher Entstehung, nur noch mehr Tunings und Spuren. Endlose Spuren. Da liegt auch der Kniff. Wenn man dann beim Echo das Feedback leicht hochschraubt, kommt der Dub von ganz alleine. Den Track hätte ich für immer abmischen können. Ich wollte immer mal einen Lo-fi-Dub aufnehmen. Ist vielleicht sogar mein persönlicher Favorit vom Album. Der Titel kam aus dem Bauch heraus und ist auch eine kleine Anspielung an die „Dream Machine“ von William S. Burroughs.

BROKEN HEARTSCAPE

Von 2009! Wow, das habe ich gerade nachgeguckt. Ich war mir nicht mehr sicher. Ich kann gar nicht viel dazu sagen. Ein weiterer Bauch-Kandidat. Die Drums vom ehemaligen Keyboard meines Opas waren als erstes da. Somit war der Track arrangiert, noch bevor es eine Melodie gab. Ganz witzige Herangehensweise. Kam mir ein bisschen vor wie Captain Beefheart.

WRONG PLACE

Irgendwie der “Hit”. Ich bin bis heute noch komplett glücklich mit dem Track. Der war nach zwei Tagen mit Fruity Loops und Cool Edit Pro schon fertig und den dazu eingehusteten Nonsens kann man auch nicht wirklich verstehen. Perfekt. Die Geschwindigkeit hätte ich mir bewahren sollen, dann hätte es das erste Album wahrscheinlich früher gegeben. Niklas (Oracles) hatte die letzten Jahre einen starken Einfluss auf mich. Früher war Gesang für mich nur ein Instrument. Ist es immer noch, aber ich habe begriffen, dass es eigentlich geil ist, eine Geschichte zu erzählen. Gern auch eine kryptische.

ROTTEN

Der Track besteht komplett aus Loops. Eigentlich wäre das gar kein „richtiges“ Vomit-Stück. Dann kam Ozzy in einem Traum zu mir und hat mir befohlen, einen Rotor auf den bis dahin noch nicht aufgenommenen Gesang zu packen – und zack: fertig! Wie immer war alles Zufall. Das sind die Ur-Essener Witthüser & Westrupp, das erste deutschsprachige Folk-Duo, im Interview. Die bringen es auf den Punkt: Essen ist meine ewige Hassliebe. Wie oft ich auch in Berlin oder Köln zu Gange bin: leben will ich da nicht mehr. Das Überangebot in Berlin überfordert mich und lenkt mich von meiner kreativen Arbeit ab. Köln dreht sich immer noch zu sehr im Kreis. Ich glaube, es ist normal, den Ort zu verteidigen, an dem man lebt und arbeitet. Ich habe hier alles, was ich brauche. Das Makroscope (Mülheim/Ruhr) ist zu meiner Lieblingsvenue geworden.

VOMIT HEAT
Spirit Desire
(Ana Ott / Cargo Records)
VÖ: 26.02.2016

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