Idole? Wer denn alles? Kaum ein Pop- und Rockstar kommt um das zweifelhafte Kompliment herum, angeblich einen Einfluss auf YUNGBLUDs Musik zu haben. Drei Jahre nach dem selbstbetitelten Vorgänger erscheint jetzt also das vierte Album und wurde mal wieder von Matt Schwartz produziert, der seit 2018 fest an der Seite von Yungblud steht. Und ja, man kann sagen, Schwartz bedient sich gerne an früheren Zeiten.
Die Pose des Poppunkers nahm man Yungblud schon in den Vorjahren immer weniger ab. Viel lieber wollte der junge Mann doch Pop machen und ja, mit Ende 20 darf man das wohl. Entsprechend baut sich Opener „Hello Heaven, Hello“ als neunminütiger Poprocksong auf, in dem er natürlich seinen Starstatus (ähem) reflektiert. Hier darf es tatsächlich auch einen hübschen Rockmittel-Teil geben. Eigentlich stört nur seine quäkige Stimme.
Das Titelstück wird in zwei Teile zerteilt, in einen Popsong und eine Pianoballade. Hier wird klar, um was es ihm immer ging, nämlich selbst Star zu werden: „Living like idols if we want to be, flying through the obstacles of emancipated dreams.“ Selbstverwirklichung ist wohl das einzige Versprechen, das seine Anhängerschaft hören will. Dass jeder werden kann, was er will, wenn er sich nur redlich bemüht, sollte sich doch inzwischen als Illusion herumgesprochen haben.
Dann folgt das Pflichtprogramm:
Wer den englischen Lad vermisst, wird mit dem „Lovesick Lullaby“ abgespeist, einem ziemlich bemühten Britpop-Titel, der sicher niemanden hinter dem Ofen hervorlockt.
Der aufgesetzte Dialekt wird wie das Vorstadtoutfit ausgezogen, um mit „Zombie“ wieder mal eine Heartbreak-Ballade rauszuhauen, wie sie auch AVRIL LAVIGNE nicht schlechter schreiben könnte: „We could catch a spaceship to the moon, but we’d crash, it wouldn’t last.“ Fühlt das jemand? Oder schreibt sowas ChatGPT?
Im Anschluss wird die Stimme auf „retro-rockig“ gestellt, um mit „The Greatest Parade“ den Rocker zu spielen. Oh, er ist ja so wandelbar, dieser Kerl.
Einen guten Song schenkt Yungblud dem Hörer dann aber doch: „Monday Murder“ ist ein angenehmer Popsong, der sich nicht auf den Klassiker von THE BOOMTOWN RATS („I Don’t Like Mondays“) und damit den allerersten dokumentierten Schul-Amoklauf von 1979 bezieht, sondern eine Art Absage an das aktuelle weltweite Wettrüsten für neue Kriege bedeutet: „Play out your bombs so long, explode into the sky. Sing your war song. We’ll fight for a peaceful life.“ Das verstehen seine Fans sicher. Doch folgen sie ihm auch noch in den Glauben mit dem Christen-Rock „Ghosts“? Glücklich und dankbar für seine Karriere klingt er nicht („Supermoon“). Vielleicht ist das Projekt Yungblud einfach auch auserzählt.
Yungblud
Idols
(Locomotion Recordings/Capitol)
VÖ: 20.06.2025
Live
08.08.25, Eschwege, Open Flair Festival
09.08.25, Püttlingen, Rocco Del Schlacko Festival
10.08.25, Rothenburg ob der Tauber, Taubertal-Festival
07.10.25, Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
14.10.25, München, Zenith
20.10.25, Berlin, Uber Eats Music Hall
25.10.25, Hamburg, Sporthalle