26 Jahre Riven OST

1997 erschien mit Riven nicht nur der Nachfolger des weltweiten Adventurehits Myst (1993) sondern auch eines der besten Adventures überhaupt. War Myst eine Revolution detaillierter Modellierung von Render-Grafiken, war Riven eine ganz neue Dimension des Storytellings: Der Spieler tauchte in eine fremde lebendige Kultur ein, die er verstehen musste, um zu agieren. Dafür war auch der zweistündige Soundtrack wichtig, der 1998 veröffentlicht und wieder von Robyn Miller produziert worden war. Er und sein Bruder Rand bildeten den Kern des Entwicklerteams. Da seit Ende Juni 2024 das Remake von Riven erhältlich ist, wäre es an der Zeit, noch einmal in den Score reinzuhören.

Die neue Spielversion lohnt sich auch für Fans der alten Version. Damit diese wieder mitraten können, wurden die beiden zentralen Rätsel des Spiels verändert und damit auch die Hinweise darauf. Außerdem wurde das Wegenetz vergrößert, so dass noch etwas mehr von der Welt zu erkunden ist.

Grafisch kann der User nun etwas erleben, was ursprünglich erst ab dem dritten Myst-Teil Exile möglich war: 360-Grad-Umblick ersetzt die alten Standbilder. Die fotorealistische Umgebung wirkt mit einer VR-Brille dann noch näher. Allerdings wurden die realen Schauspieler leider durch billige 3D-Figuren ersetzt, was die neue Version wiederum künstlicher macht als die alte. Auch die Beleuchtung ist zu grell und nicht so natürlich wie im Original. Diese Künstlichkeit wird sogar noch erhöht, wenn der Spieler eine Art Metaraum hinter der Inselwelt Riven entdeckt, der im Original nur als Easter Egg-Bild (noclip) zu sehen war.

Inhaltlich passt das Spiel heute noch immer in die Debatten: Einerseits spielt sich hier ein Kampf Technik versus Natur ab, denn die Inselwelt Riven steht kurz vor ihrem Kollaps. Die Geschichte der Osterinsel oder auch der Klimawandel lassen grüßen.
Andererseits können postkolonial Gesinnte in den Rivenianern ein kolonisiertes und versklavtes Volk erblicken. Die Aufgabe des Spielers ist es, ihren Widerstand gegen die Unterdrückung zu unterstützen. Dieses White Savior-Motiv ist aus Science Fiction-Filmen bekannt, etwa von Dune (2024) oder Stargate (1994).

Diese Konflikte spiegeln sich auch musikalisch wieder: Der Schöpfer und Herrscher des Archipels lässt sich von den Einheimischen als Gott verehren. Entsprechend klingen die Themen für seine religiösen Stätten altägyptisch inspiriert („Torraum“, „Jungletotem“, „Vermessungsinsel“, „Tempel“). Dieser Herrschaftsideologie setzen die Rebellen eine Art Kampfkult voller Trommeln und Percussions entgegen (z.B. „Moiety Höhlen“). Diese beiden Leitmotive der Kulturen sind wiederum an die beiden Charaktere Gehn und Katharina gekoppelt („Gehn’s Thema“ und „Katharina’s Thema“).

Insgesamt bleibt der Synthie-Soundtrack aber unterschwellig und unterstreicht die geheimnisvolle Atmosphäre des Spiels. Für die 2024er Remake-Version hat Robyn Miller noch ein paar Extra-Tracks hinzugefügt: das unheimliche „Into The Unknown“ in vier Teilen, das tragische „Whistle While You Work“ in drei Teilen sowie das Fagott-Stück „Heavy Is The Hand That Writes The Ages“.

Robyn Miller
Riven (Original Game Soundtrack) [Remastered 2024]
(Cyan Inc.)
VÖ: 12.07.2024

Album auf Bandcamp

www.robynmiller.net

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