Antiheld – Goldener Schuss

Die Band, die sich quasi „Wir sind keine Helden“ nennt, hat sich 2014 in Stuttgart gegründet und vor zwei Jahren mit dem Deutschpop-Album Keine Legenden auch keinen großen Eindruck hinterlassen. Das soll mit Goldener Schuss anders werden. Würden ANTIHELD hier etwas mehr die Gitarren aufdrehen, könnte mehr Aufmerksamkeit drin sein.

Die Kapelle besteht aus LUCA OPIFANTI (Gesang, Gitarre), ANDRE ZWEIFEL (Gitarre), HENRY KASPER (Keys), MATZE BRENDLE (Bass) und SVEN FISCHER (Drums). Mal sehen, ob sie es zu einer neuen SELIG-Kopie schaffen.

„Introduktion“ beginnt verheißungsvoll mit kratzigen Gitarrenseiten und Lucas Stimme, die schon etwas an Kantigkeit gewonnen hat. Er singt verkatert von Problemen. Doch dann setzen die „Whohohoho“-Chöre ein. Was ist denn das für eine Sucht von deutschsprachigen Bands immer dieses Klischee-Gejaule einzusetzen? Dieser Mist hält sich leider auch in dem melodiös durchaus gelungenen „Ma Petite Belle“. Hier machen Antiheld durchaus MILLIARDEN Konkurrenz („Oh Chérie“, „Im Bett Verhungern“). Luca’s durchaus authentische Worte werden so konterkariert.

„Präsidenten“ ist ordentlicher deutscher Indiepop mit deutlicher Botschaft gegen Trump, Macron, Kurz und AfD. Gut, das ist zur Zeit nicht schwer und woke, aber dennoch wichtig, denn wirklich laut ist die deutsche Musikszene nicht gegen Rassismus und Nationalismus. Es ist gut, dass Antiheld hier auf Hymne setzen. Dafür eignet sie sich.

„Goldener Schuss“ soll heartbroken klingen. Aber so richtiges Leiden hört man Opifanti nicht an. Das Ganze ist noch zu sahnig und jugendlich. Man hat einfach schon kaputtere Sänger gehört. „Interlude I“ und „II“ wirken ehrlich, aber da fehlt noch Selbsthass oder halt WANDA-Coolness („Kein Herz Im Hirn“). „Macht mein Begräbnis zu ’nem Festtag und dann tanzt auf meinem Grab“, wünscht sich Luca in „Find What U Love“ und kann sich einfach nicht so gehen lassen wie der Wiener Marco („Schickt Mir Die Post“). Wieviel besser steht ihm da Depri-Saufen zu Gesicht („Mach Mirn Kind“). Schön mit Mundharmonika klingen Antiheld hier weder nach Schlager noch nach Deutschrock. Warum nicht daraus eine Folkpunk-Nummer machen?

Dann covert die Band allen ernstes NENA’s 80er-Klassiker „99 Luftballons“, aber warum nur? Auf dem Weg hin zu echtem Rock, will man vom Pop nicht lassen. Welch‘ ein Kontrast dagegen mit Klavier und E-Gitarre der Trennungssong „Nie Wieder Lieben“! Hier scheint wiederum der Song „Dein Lied“ von KRAFTKLUB Vorbild zu sein. Wut auf die Ex, der man nur noch Schlechtes wünscht, ist hip, nicht nur in den sozialen Medien.

Wie als ob die Band ihrem eigenen Weg bisher misstrauen würde, bietet sie am Ende noch fünf ihrer Songs als Akustikversionen an. Also ehrlich, es wird Zeit sich endlich vom Pop frei zu machen. Das Zeug dazu ist da, aber einiges hält noch zurück.

 

Antiheld
Goldener Schuss
(Arising Empire)
VÖ: 30.09.2019

www.antiheldmusik.com

Live

17.03.21, Bochum, Rotunde
10.04.21, Frankfurt, Das Bett
16.04.21, Köln, Gebäude 9
28.05.21, Aschaffenburg, Colos-Saal
03.09.21, Wuppertal, Live Club Barmen
17.09.21, Potsdam, Waschhaus
18.09.21, Annaberg-Buchholz, Alte Brauerei

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