Im letzten Jahr zeigte sich Rapperin HAIYTI unheimlich weiblich. Auf ihrem siebten Album Speed Date experimentierte sie mit Eurotrance, Lofi-, Trap- und Hyperpop. Diese irre Vielfalt unterstrich ihren einzigartigen Status in Deutschland. Konsequent für sie ist nun wieder ein fast reines Rapalbum zu droppen. Hier lässt sie also gewissermaßen wieder den harten Typ raushängen. Das düstere Fantasycover passt dazu.
Stark ist es, den Auftakt „Lobby“ von Edelpopper CHILLY GONZALES produzieren zu lassen. Haiyti klingt so gestresst, dass für Männer kaum Zeit bleibt, egal es ob sich um Feature-Partner oder Affären handelt. Als Businessfrau ist ein „14 Uhr Interview“ normal, doch die kratzige Stimme und tiefen Bässen verraten auch, wie nervig das Ganze ist. Ähnlich klang auch „Photoshoot“ vor zwei Jahren. An ihre Serie aus Berufsbildern früherer Alben schließt „Shootingstar“ über Pinup-Mädchen an. Auch hier betont sie stets die Abhängigkeit der Männer. Aktuelle Beispiele wären wohl die Mädels im Only Fans-Geschäft.
Ihre eigenen Fans der ersten Stunde mögen die schnellen Abrisse wie „Hype Ist Vorbei“ oder „Uniform“. Mit „Für Die Fans“ bedankt sie sich, wenn auch etwas genervt: „Ich mag’s nicht besonders, doch es hat was.“ Nachdem außerdem die Rap-Konkurrenz auf ihren Platz verwiesen ist, werden auch die Dates dressiert („Fxxxboy“). Wer derart bei den Kerlen mitmischt, hat auch kein Problem mit sexistischer Sprache („Double Cup“). Kein Problem für sie ist auch noch Hyperpop einzubauen. Die Massen von Producern, die für sie arbeiten, zahlen sich zum Teil wirklich aus. Von solch fixem Trap kann jemand wie FLER nur träumen.
„Alles Fing An“ ist dann das Feature, das sich der Berliner CRACKAVELI verdient hat („Alles hat ein Ende, nur die Line hat zwei.“). Der einstige Kölner Bodyguard KING BLADE darf ebenfalls ans Mikro („Rauch In Der Luft“).
Im Gesang klingt Miss Robbery geradezu behutsam, ja einfühlsam, was sie im Rap sofort wieder zerschlägt („Dum-Dum“). Was ist eigentlich mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben? Sie mag die Lofi-HipHopfans für ihre Traurigkeit („Sad Boys Weinen“), hält sie aber auch in der Liebe auf Distanz („Heimlich“). Sie verführt sie im Fantasy-Outfit und mit einem gelungenen ÄRZTE-Cover („Mach Die Augen Zu“). Die optische Mischung aus Ring-Monster und Elfenqueen im Video scheint sie sich von GRIMES ausgeliehen zu haben. Das kann in Deutschland nur Haiyti.
Haiyti
Ich Lach Mich Tot
(Hayati Records)
VÖ: 28.10.2022