In Extremo – Kompass Zur Sonne

Ohne zu übertreiben, kann man sagen, dass IN EXTREMO eine der größten deutschen Rockbands sind. 12 Alben haben sie seit 1997 herausgebracht, die letzten sechs landeten mindestens auf Platz 3 der deutschen Charts. Vier Jahre nach Quid Pro Quo erscheint nun das 13. Werk der Berliner Mittelalter-Rocker. Die aktuelle Besetzung besteht aus den Multi-Instrumentalisten MICHAEL ROBERT RHEIN, MARCO ERNST-FELIX ZORZYTHKY, KAY LUTTER, ANDRE STRUGALA, SEBASTIAN OLIVER LANGE und FLORIAN SPECKARDT.

Sie treten mit „Troja“ gut gelaunt die Tür ein. Das Titelstück setzt auf den Dudelsack im Zentrum und der Text auf Seefahrer-Romantik, obwohl das Cover einen Zug zeigt. Sänger Rhein (DAS LETZTE EINHORN) singt mit Reibeisenstimme und träumt von einem Paradies für sich und die Liebste.

Es folgt mit „Lügenpack“ ein heißer politischer Song gegen rechte Hetzer. Rhein scheint inzwischen ein ähnlicher Poet wie Kollege LINDEMANN zu sein: „Die Zunge stiftet manche Not, die niemand wendet als der Tod. Die Zunge manchen Leumund schändet. Sie verstümmelt und verblendet. Die Zunge rennt auch ohne Bein und macht so manches Herz zu Stein. Sie zerstört auch manches Land. Die Zunge stiftet Raub und Brand.“ Mit „Saigon Und Bagdad“ folgt später ein astreines Anti-Kriegsstück.

Mit „Gogiya“ gibt es eines ihrer geliebten aufgerockten Volkslieder. Hier ist die Band als Chor und Gesangstruppe gewahr. Auch lateinische Songs wie „Salva Nos“ dürfen nicht fehlen. Und natürlich müssen auch Sauflieder her („Reiht Euch Ein Ihr Lumpen“, „Biersegen“).

Nun sind die Rocktracks sich etwas zu ähnlich, was mit dem „Narrenschiff“ aufgebrochen wird. Und die Ballade „Schenk Nochmal Ein“ nutzt den alten TOTEN HOSEN-Trick („Nur Zu Besuch“), den Tod lange lyrisch zu verheimlichen. Doch war es bei CAMPINO die Mutter, ist es hier die Geliebte, die angesprochen wird.

Zum Abschluss entreißt die Band tatsächlich noch das konservative Gedicht „Wintermärchen“ von Otto Ernst den rechten Neofolkern DARKWOOD, die es praktisch 14 Jahre lang allein in Deutschland spielten. Diese dachten wohl beim „ewige(n) Sonnenreich“ an die NS-Zeit, obwohl der Text eindeutig von der eigenen Persönlichkeit spricht, nicht von Erinnerung. In Extremo machen daraus einen ganz eigenen Folkrock-Song, den sie mit dem Album am 8. Mai veröffentlichen. Bravo, Jungs!

 

In Extremo
Kompass Zur Sonne
(Vertigo Records/UMG)
VÖ: 08.05.2020

www.inextremo.de

Live

09.09.22, Magdeburg, Festung Mark
10.09.22, Trebsen/Mulde, Schloss Trebsen
23.09.22, Hanau, Amphitheater
24.09.22, Satzvey, Burg Satzvey
19.11.22, Weissenhäuser Strand, Metal Hammer Paradise Festival
10.12.22, Neumünster, Walhalla Festival
21.12.22, Wiesbaden, Kulturzentrum Schlachthof
22.12.22, Köln, Palladium

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