Nanu? Sad Girl Summer – klingelt’s da nicht irgendwo? Und dieses Artwork! Haben wir mit der Youtuberin KAYLA SHYX etwa eine deutsche LANA DEL REY („Summertime Sadness“)? Shyx hat nicht nur eine ordentliche Follower-Zahl auf Youtube, sondern mischte als vorgeblich Entkommene im #Metoo-Skandal um RAMMSTEIN mit. Wie’s in ihrem Herzen aussieht, soll offenbar das vorliegende Album zeigen. Warum ist sie denn nur so traurig?
Schon der Titeltrack mit zurückgenommener Gitarre und leichten Drums soll den Del Rey-Vergleich unterstützen. Das dazugehörige Musikvideo bedient sich an der Sad Girl-Ästhetik der 2010er. Damals feierten Feministinnen die Aneignung der künstlerischen Traurigkeit durch Frauen. Und man ahnt, es geht auch Kayla um Depression. Mit ihrem hellen, dünnen Stimmchen erklärt sie betrübt, sich selbst nicht mehr wieder zu erkennen: „Und ich frag‘ mich: ‚Wo bin ich hin?‘ Bin nicht mehr so, wie ich mich will: Wärme von draußen, Kälte von inn’n.“ Diese Bitterkeit legt sich auf die Liebesbeziehung, wie man spätestens mit „Lieb Dich Eigentlich :(“ erfährt.
Möglicherweise eine andere Beziehung wird in „Aber Ist Das Liebe ??“ als toxisch beschrieben: „Hab’s dir nie gesagt aus Angst, dass ich alles schlimmer mach‘. Warst unberechenbar: Hast mich erst angeschrien, dann umarmt.“ Hier kommt die Aufklärerin durch, die ihren Fans auf Youtube viel über allzu Menschliches erklärt. Zum Beispiel werden auch Freundschaften unter Frauen von miesen Kerlen auseinander gerissen. So schreibt sie ihrer eigentlich Bestie „Bella“: „Ist nicht so leicht, aber sag’s dei’m Freund nicht. Ruf durch, wenn ihr nicht mehr seid.“ Und auch das Betrauern des ersten Mals Liebe („Schmetterlinge“) und Sex („Blauäugig“) wird von Frau Dr. Sad Girl Summer thematisiert. Mag vielleicht PAULA HARTMANN die größere deutsche Lyrikerin sein, will Kayla auch von ihren jungen weiblichen Hörerinnen verstanden werden. Sogar die Kritik des Publikums wird in „Die Falsche Alice“ mit dem Alice im Wunderland-Sujet beschrieben: „‚Bist nicht dieselbe, die du warst. Wo ist dein Mehr-Sein hin?‘ Ihr wollt mir sagen, wer ich bin.“
Der gepflegte Lofi-Pop darf in „4 Tage“ sogar dem Hype um Lofi-HipHop folgen. Das Producer-Team hat sich gut umgehört. Musikalisch fahren sie immer mehr auf. Im Indiepop „Blauäugig“ dürfen auch mal ein paar interessante Synthies raus und „Prom Night“ ist dann fluffiger Deutschpop, wie man ihn erwartet. Wer einen Urban-Chor hören will, der bekommt „Keine Zeit/Selbstmitleid“. Natürlich kann man sagen, dass Sängerinnen wie Kayla Shyx eben auf dem deutschen Level liegen, doch das ist in den letzten Jahren wirklich gestiegen. Gut gemacht!
Kayla Shyx
Sad Girl Summer
(Jive Germany/Sony Music Entertainment)
VÖ: 09.05.2025
Live
28.01.26, Bochum, Bahnhof Langendreer
29.01.26, Köln, Kantine
30.01.26, Frankfurt, Sankt Peter
04.02.26, Nürnberg, Der Hirsch
05.02.26, Leipzig, Werk 2 Halle D
06.02.26, München, Technikum
08.02.26, Stuttgart, Im Wizemann
11.02.26, Hannover, MusikZentrum
12.02.26, Berlin, Festsaal Kreuzberg
13.02.26, Hamburg, Gruenspan