Vor knapp drei Jahren beschrieb E. JANE aka MHYSA aus West Philadelphia ihr erstes Album Fantasii als Hölle im Dante-Stil. Der Name Nevaeh des Nachfolgers bedeutet „Heaven“ (= engl. Himmel) rückwärts geschrieben und ist einer der beliebtesten US-amerikanischen Vornamen für Mädchen, seitdem P.O.D.-Sänger SONNY SANDOVAL seine Tochter so nannte. Die intersektionale Feministin Mhysa versucht hier weiter, einen eigenen DIY-R’n’B zu finden. Nebenbei will sie natürlich gleich eine Utopie für marginalisierte Gruppen bauen.
Im „Opening Skit“ erklärt sie sich zum einsamen Opfer ihrer Umstände. Doch nicht einmal dies sind ihre eigenen Worte, sondern die der Schriftstellerin Lucille Clifton („Won’t You Celebrate With Me“). Die Zitatflut aus dem Vorgänger geht also locker weiter. So singt sie in „Breaker Of Chains“ LAURYN HILLs Refrain aus NAS‘ „If I Ruled The World“ nach. Die Klage über die Einsamkeit wird in „Sad Slutty Baby Wants More From The World“ fortgeführt, in dem sie ihre Stimme in einem Drone- und Chor-Sturm untergehen lässt.
Nach dem sinnlosen Elektro-Soundexperiment „Float“ beweist sie mit „Before The World Ends„, dass sie sich im Sounddesign weitergebildet hat. Zu Elektro-Zirpen, Beats und Synthies singt und spricht sie mit dünner Stimme: „You make my body feel like heaven.“ Achso, der Himmel ist also Sex. Was für eine Überraschung. Das Sakrale wird dann mit dem Gospel „When The Saints go Marching In“ beschworen („When The Saints“).
„Ropeburn“ ist endlich wertvoller: Intime Lyrics vor einer bedrohlichen Soundkulisse. Doch einen Song ergibt das nicht, genau wie „W/Me“, das aus Vocals und etwas Schlagzeug besteht. „No Freedom“ ist dann ein doppelt aufgesagter Rap. Kunst wird hier weiterhin als Reduktion auf das Wesentliche verstanden, was aber niemanden interessieren dürfte. Nochmal zum Mitschreiben: Repräsentation ist kein Selbstzweck, sondern ein Inhalt, den man mit guter Musik supporten könnte, wenn mann/frau das Zeug dazu hat.
Mhysa
Nevaeh
(Hyperdub)
VÖ: 14.02.2020