Myuu – Creepypasta 3-Pack

Der Pianist Nicolas Gasparini aka MYUU veröffentlicht seine drei Alben The Dark Piano Vol. 1 (2014) und 2 (2015) sowie Ballad Collection (2016) zusammen neu. Sie sind der beeindruckende Versuch, jugendliche Hörer an Neoklassik heran zu führen.

Wer denkt, Teenager könnten mit instrumenteller Klaviermusik nichts anfangen, der meint wahrscheinlich auch, sie würden keine Romane mehr lesen. Dabei kommt es auf die Verpackung an. „Creepypasta“ heißt die Lösung.

Dass sich Kinder und Jugendliche vom Fantasy- und Horrorgenre angezogen fühlen, ist leicht zu erklären. Da sie gesellschaftlich noch unbedeutend sind, fasziniert sie die Vorstellung, zu einer übernatürlichen oder zumindest besonderen Person in Beziehung zu stehen. Es hilft ihrer Identitätsfindung, sich verrückt oder „creepy“ zu geben. Die Internet-Community „Creepypasta“ gibt ihnen seit etwa 2010 die Möglichkeit, sich das Genre Horror anzueignen. Entstanden ist sie aus dem Teenager-Zeitvertreib von Kettengeschichten, die in Foren hin und her geschickt wurden. Sie ergeben letztlich Kurzgeschichten, die teilweise im Internet-Umfeld gar zu urbanen Mythen werden.

Das ist nicht ganz ungefährlich. Schließlich können Heranwachsende je nach Alter nur bedingt zwischen Wahrheit und Fiktion unterscheiden und die ständige Thematisierung von Gewalt und psychischer Krankheit kann auf sie moralisch desorientierend wirken. Das zeigt der Fall der „Slender Man Stabbings“ von 2014 in den USA, dem Mordversuch zweier 12jähriger Mädchen an einer Freundin. Er brachte „Creepypasta“ jedoch keineswegs in Verruf für Teenager, sondern machte sie praktisch noch cooler.

Ihre fiktiven Figuren wurden Internetmemes. Darunter sind Mörder, übernatürliche Wesen und pervertierte Popkulturfiguren wie Pikachu und Link. Ihre Geschichten wurden bekannter, weshalb es nun auch Kommerzialisierungen gibt wie PC-Games, die Hörbücher von Kati Winter oder der Slender Man-Film im nächsten Jahr. Das Musikprojekt Myoo gehört seit 2014 dazu.

Für rund 40 Dollar gibt es die drei Alben als CDs mit einem Booklett, das Bilder der „Creepypasta“-Charaktere vom Künstler Meammy enthält. Geboten werden in der Ballad Collection jede Menge traurige Lieder, die ganz nach jugendlichem Geschmack wie auch ihre Geschichten nah an der Grenze des Kitschs lagern. So kennen sie das aus Anime-Serien. Zum Abschluss covert Gasparini „Gymnopédie No. 1“ des Komponisten Erik Satie.

Cool und teilweise schön finster („Living In The Dark“) nehmen sich dagegen die Tracks auf The Dark Piano Vol. 1 aus. Man ist hier durchaus an die Silent Hill-Soundtracks erinnert. Vol. 2 kann dagegen das Niveau nicht ganz halten.

 

Myoo
Creepypasta 3-Pack
(Selbstvertrieb)
VÖ: 10.11.2017

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