Während Einigkeit darüber herrscht, dass die ersten zwei OASIS-Alben unanfechtbare Meilensteine des Britrock bilden und bei der Band ab Standing on the Shoulder of Giants nach und nach die Lichter ausgingen, scheiden sich an Be Here Now, dem dritten Album von OASIS, die Geister: Die einen – unter ihnen der Autor dieses Textes – halten es für den Höhepunkt der Kreativität der Combo aus Manchester, während es anderen – unter ihnen nicht zuletzt die Gallagher-Brüder selbst – als maß-, orientierungs- und geschmackslos gilt. Nicht ganz zwanzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung erscheint das Album nun in der Reihe der Chasing The Sun-Re-Releases erneut – neben einer (remasterten) Standard-Version auch als aufgemöbelte Special Edition mit zwei Bonus-Discs oder als großformatiges Super Deluxe Box-Set samt Hardback-Bildband und ein bisschen Merch.
Auf der ersten der zwei zusätzlichen Scheiben finden sich Remasters der Single-B-Seiten (etwa der Klassiker „Stay Young“ und das unterschätzte „The Fame“), ein paar Live-Takes und Demos (darunter die zarte Akustik-Nummer „If We Shadows“) sowie der NG’s 2016 Rethink von „D’You Know What I Mean?“. NOEL GALLAGHER hatte ursprünglich geplant, das komplette Album neu zu mixen, war aber schon nach dem Opener platt:
Someone (I can’t remember who) had the idea that we re-visit, re-edit the entire album for posterity’s sake. We got as far as the first track before we couldn’t be arsed anymore and gave up…
Richtig spannend wird es schließlich mit der dritten Disc und den sogenannten „Mustique Demos“, die mit alternativem Sequencing und zum Teil anderen Songs eine ganz neue Rezeption von Be Here Now ermöglichen. Der Titel ist dabei kein Rechtschreibfehler, sondern verweist auf den Ort der Aufnahmen: die private Insel Mustique im Karibischen Meer, auf der NOEL GALLAGHER im Jahr 1996 mit MICK JAGGER, JOHNNY DEPP, KATE MOSS und JERRY HALL Urlaub machte, ehe gegen Ende des sechswöchigen Aufenthalts Produzent OWEN MORRIS mit einem tragbaren Studio auftauchte. So ist den „Mustique Demos“ schon einmal gemein, dass Noel hier alle Vocals einsang – einige der Songs werden selbst Hardcore-Bootlegger nicht in Versionen mit dem älteren Gallagher am Mikrofon besitzen. Ansonsten verblüfft, wie voll realisiert die Demos bereits sind, wie viel der Substanz von Be Here Now bereits so früh im Entstehungsprozess verfestigt war – freilich ehe in den Abbey Road Studios daheim in England die unzähligen (vor allem Gitarren-)Spuren hinzukommen sollten, die dem Album seinen strittigen Ruf bescherten. Zwei interessante Randnotizen: Der künftige Titeltrack hört hier noch auf den Namen „Trip Inside“, und „Magic Pie“, vielleicht die schwächste Nummer auf Be Here Now, taucht unter den „Mustique Demos“ noch gar nicht auf.
OASIS
Be Here Now (Chasing The Sun Edition)
(Big Brother Recordings / Indigo)
VÖ: 14.10.2016