Silent Hill: The Short Message OST

Wow, ein neues Silent Hill-Game erschien Ende Januar. Statt um die Suche nach Familienmitgliedern und damit nach der eigenen Identität geht es bei The Short Message passend zur Generation Z um Mobbing, Depression und Borderline. Diese tauchen als den Spieler verfolgendes Monster auf. War es im Horrorfilm It Follows (2014) der Sexzwang, der junge Leute verfolgt, ist es in dem neuen Videogame die bohrende Kritik von außen und innen. Ähnlich haben sich übrigens auch die Rocker von GREET DEATH im Musikvideo zu I Hate Everythinggeäußert. Hier ist das Mädchen Anita die Gejagde, die wie im Trash-Film Unknown User (2014) die Nachricht einer gleichaltrigen Selbstmörderin erhält.

Das eigentlich Interessante ist aber der Macher des Game-Soundtracks: AKIRA YAMAOKA kehrt zurück und ist seit Shattered Memories (2009) damit wieder Producer. Auf drei Alben kann er sich mit seinem Triphop austoben. Schon das erste, Whispers Begin, hat gleich im ersten Track „Menu Theme 1“ die schweren, einsamen Keys und die gefährlich nahen Beats, die man von seinen früheren Silent Hill-Soundtracks kennt. Es folgen Tracks mit knarrendem Noise im Hintergrund und leisem Dark Ambient wie bei „Room 202“.

Bedrohlich ist dann selbstverständlich das Auftauchen des Monsters, das urplötzlich auf Anita Jagd macht: Enervierende Synthies und zuschlagende Beats in „Chase“ lassen nur kleine Geräusche am Rand zu. Auch sehr finsterer Dark Ambient erklingt in „Room 206“.

Das „Ending“ von Kapitel eins ist ein verspieltes Streicherstück, das auch kühle und angreifende Synthies enthält. Die Tracks des zweiten Kapitels stellen sich allerdings als noch ruhiger und unkreativer dar. Erst beim „Menu Theme“ zum dritten Kapitel kehrt Akira zu seinem Triphop zurück. Die „Final Chase“ besteht aus quietschendem Ambient, marschierenden Beats und bedrohlicher Orgel.

Der obligatorische Gothicrock-Titelsong „My Heroine“ wird diesmal nicht von MARY ELIZABETH MCGLYNN gesungen, sondern von ESTHER ORTEGA CANTO. Dieses Lied ist auch sehr herzlich ausgefallen, da das Verhältnis der beiden Mädchen thematisiert wird. Eine das Jenseits überwindende, lesbische Freundschaft gibt es ja auch im aktuellen Ghostbusters-Teil Frozen Empire zu bestaunen.

Heldin Anita wird als Nerdgirl vorgestellt, das selber psychische Probleme hat. Während sie einen deutschen Apartmentkomplex und die Geschichte der Internet-Selbstdarstellerin Maya erforscht, hört der Spieler beängstigende Sounds, ohne die die Schauplätze (liminal spaces) nur halb so gruselig wären. Das Spiel verhandelt die postmoderne Identitätskonstruktion via sozialen Medien und Yamaoka tut sein bestes dafür, hier auch gefühlsmäßig Substanz herein zu bringen. Insofern ist die Silent Hill-Reihe endlich wieder am Puls der Zeit. Nachdem das letztjährige Ascension auf wenig Gegenliebe der alten Fans stieß, soll die Wiederauflage des Klassikers Silent Hill 2 sie in diesem Jahr remotivieren. The Short Message könnte aber tatsächlich neue Spieler erreichen.

 

Akira Yamaoka
Silent Hill: The Short Message Original Soundtrack
(Konami)
VÖ: 11.05.24

www.akirayamaoka.jp

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