Sleep Token – Take Me Back To Eden

Wir haben gelernt, bei Hypes um Bands misstrauisch zu sein. Eine Crossover-Metalband, die Masken trägt und sich durchnummeriert? Das ist nun erstmal nichts neues, wenn man an SLIPKNOT denkt. Eine Post-Rockband, die mit Ambient- und Indieelementen experimentiert – auch nichts gänzlich Besonderes. SLEEP TOKEN aus London haben 2016 zusammengefunden und bereits zwei Alben draußen. Wie schaffen sie es, Aufmerksamkeit zu erregen?

Zur Band gehören vier Mitglieder, die mit Sundowning (2019) und This Place Will Become Your Grave (2021) zwei annehmbare Postmetal-Alben vorlegten. Aufsehen erregten sie aber mit seltsamen Covers von OUTCAST („Hey Ya!“), BILLIE EILISH („When The Party’s Over“) und WHITNEY HOUSTON („I Wanna Dance With Somebody“).

„Chokehold“ beginnt mit Gedröhn, dem der Sänger VESSEL tragische Rockvocals hinzufügt. Es folgt ein Poprefrain und dann Metalgetarren und Chor. Das ist qualitativ hochwertig, aber keineswegs kreativ.

Mit „The Summoning“ kommt ein Post-Metal-Track samt Screamo und Epic-Choir. Soweit so gut, doch wenn der Track nach fünf Minuten in einen Elektro-Pop übergeht, dreht sich manchem True-Metalhead der Magen um. Lyrisch geht es um schlecht laufende Beziehungen und es wirkt wie ein Missbrauch sämtlicher Metal-Elemente im Vorfeld – auf jeden Fall nicht cool. „Granite“ könnte zu Beginn durchaus als nerviger Bandpop durchgehen, wie ihn etwa WALKING ON CARS machen. Der Hörer wartet unbewusst darauf, dass die Pointe folgt und diese ist dann scheinbar mit dem Metalpart erreicht. Ähnlich gingen ja auch LINKIN PARK vor, als sie im Laufe der Jahre ihren NuMetal in Artrock verwandelten.

„Aqua Regia“ setzt noch einen drauf: Elektrobeats und Popgesang, Keyboard, so als wolle man ein Gegengewicht zu dem astreinen Metaltitel „Vore“ schaffen. Das ist jedoch zum Teil so unausgewogen, als wolle man den Metalfan mit seiner Popfreundin als Pärchen auf dem Konzert abholen. Es erinnert auch an Youtube oder Spotify, wenn dem Hörer aus Gehässigkeit einfach ein Werbetrack aus einem ganz anderen Genre um die Ohren gehauen wird, um ihn zu einem Bezahlabo zu zwingen.

Der Artrock „Are You Really Okay?“ klingt zwar viel runder. Nichts gegen Larmoyanz, auch SCOOTER WARD von COLD litt mit seinen Freunden und sorgte sich um Depressionsopfer. Doch was VESSEL hier abliefert, klingt recht übertrieben.

Wo die Band hinwill, erkennt man bei Tracks wie „Rain“ oder dem Titelstück „Take Me Back To Eden“: Sie wollen den Post-Metal bzw. Artrock in alle Richtungen anschlussfähig machen. Das könnte spannend und cool klingen wie bei NOTHING NOWHERE. Tut es aber nicht. Was Sleep Token hier schaffen, ist keine Frischzellkur sondern maximal eine Einführung ins Metal-Genre für R’n’B-Pop-sozialisierte Jugendliche.

 

Sleep Token
Take Me Back To Eden
(Spinefarm Records/PIAS)
VÖ: 19.05.2023

www.sleep-token.com

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