Willow – Coping Mechanism

Wieso redet überhaupt noch jemand über WILLOWs Vater im Zusammenhang mit ihr, wo doch ihr letztes Album besser war als alles, was er jemals als Musik veröffentlichte? In den 2010ern etablierte sich mit STAND ATLANTIC, SEAWAY, MEET ME @ THE ALTAR oder BEACH BUNNY eine neue Poppunk-Welle. Jetzt sind Rapper wie MACHINE GUN KELLY aufgesprungen und selbst TOM DELONGE will zu BLINK-182 zurück. Willow ist stolzer Teil dieser Fraktion.

Los geht’s herzgebrochen und krachend mit „Maybe It’s My Fault“. Die gute SMITH hat gar nicht vor, den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Stark probiert sie ihre Stimmlagen aus. In „Falling Endlessly“ zeigt sie sich unverstanden und sich selbst gegenüber unklar. Hat da jemand zuviel SYSTEM OF A DOWN gehört und sich aber punkige, geile Gitarrenlicks ausgedacht? Auch beim Thema stimmlicher Vielfalt in Songs wie „Why?“ kann schon jetzt etwa AVRIL LAVIGNE nicht mithalten. Willow kann mit einem Achselzucken zwischen zärtlichem Gesang, R’n’B-Chor und Punk-Röhre hin- und herwechseln.

Im Titelstück hinterfragt sie sich selbst klassisch post-pubertär: „I wasted so much time hating myself for trying accepting that this fate is our demise.“ Und im rockenden „Ur A Stranger“ will sie ihren verdammten Liebeskummer nur zu gern in Selbstmitleid ersäufen. Nicht umsonst heißt das Album Coping Mechanism („Bewältigungsstrategie“). Im Video schreit sie „I can’t breathe“ vor einer Reportage über Angela Davis und bekennt sich so subtil zu #BlackLivesMatter.

Spannende Songstrukturen wechseln sich in kurzen Tracks ab. Da reicht insgesamt eine halbe Stunde aus und alles ist gesagt. Zudem sind die Songs nicht nur anders gestrickt, sondern auch ehrlicher als vieles, was in den 2000ern im Emobereich zu hören war. Statt leerer Pose wird hier gelitten, ohne den Blick auf die Liebste zu verlieren. So toll klang Willow noch nie. Jetzt muss man sie ernst nehmen!

 

Willow
Coping Mechanism
(Roc Nation/Polydor/MSFTS Music)
VÖ: 07.10.2022

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