Vau.st | „Das Internet sollte ein freier Raum sein“

Producer VAU.ST aus Lahr bei Freiburg hat sich im Lofi-Bereich umgetan. Seit dem letzten Album Der Affe Auf Dem Schleifstein macht er sich auf den Weg in den Deutschrap.

Seit wann beschäftigst du dich mit Musik?
Ich habe mit 15 Jahren angefangen, ins Headset zu rappen und auch davor schon Texte zu schreiben. Mit 17 hatte ich dann die ersten Sachen auf Soundcloud, auf einem Account, den hoffentlich heute keiner mehr findet. Nach dem Abitur und einer kleinen Findungsphase, habe ich später das Studium „Mediengestaltung und -produktion“ in Offenburg angefangen, eigentlich nur um die entsprechenden Skills zu lernen, um ein Gesamtkonzept auf die Beine stellen zu können. Ich habe allerdings schon eine Zukunftsvision entworfen. Seit etwa einem Jahr wohne ich jetzt in einer 4-köpfigen WG mit 2 anderen Producern, in der man sich gegenseitig unterstützt.

Nutzt dir das Studium sonst nichts?
Ich plane nach dem Studium Workshops/Seminare in Schulen anzubieten – das Ganze für Schüler und ihre Eltern, ebenso wie deren Lehrer. Medienkompetenz ist so ein wichtiges Thema! Eine bekannte Lehrerin erzählte mir, an ihrer Oberschule schicken sich die Schüler gegenseitig Nacktbilder, Gewaltvideos und Hassbotschaften per Whatsapp, zu dem kompletten Müll an sinnloser Selbstvermarktung und gemeinhin schädlichem Content, der sich in sozialen Medien sonst so rumtreibt.

Wie stehst du zur Internetzensur oder der Zensur von HipHop-Texten?
Kunst sollte prinzipiell frei sein. Das Internet auch. Klar kann man das nur schwer irgendwie greifbar und richtig umsetzen, ohne eine Deutungshoheit zu installieren oder einen völlig rechtsfreien Raum zu schaffen. Das ist die große Gefahr.
Was allerdings in der Szene passiert und durch beispielsweise #DeutschrapMeToo an die Oberfläche gespült wurde, ist dermaßen abstoßend, dass ich mir schwertue, das mit irgendeiner Form von Kunstfreiheit zu rechtfertigen. Das ist irgendwie absurd, anfeindende Musik mit Freiheiten zu rechtfertigen. Dahingehend muss sich dringend was verändern.

Wer hat dich denn als Lofi-Hiphopper inspiriert?
Die Frage ist falsch gestellt – Es ist weniger das Wer, viel mehr das Was. Ich mag das Blumige an den Jazz-Samples, wie beispielsweise bei NUJABES oder WUN TWO. Aber auch das Laidback-Feeling dieser J DILLA-inspirierten Drums.
Und was mich zum Rappen inspiriert hat, war vor allem, dass jeder seine Geschichte erzählt. Das fehlt mir momentan in der Szene total. Es ist so unpersönlich auf cool getrimmt. Irgendwie langweilig. Ein NMZS zum Beispiel, der ja früh verstarb, hat so einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Damit konnte ich mich als „unbestimmt trauriger/wütender“ Mensch irgendwie schärfen. Diese Schärfung für die eigenen Gefühle, die Welt und der Auseinandersetzung damit, sind auch Elemente meines kommenden Albums.

Wann wird das rauskommen?
Der Tausendfüßer Im Hamsterrad wird wohl im Winter erscheinen. Fehlt nur noch das fertige Recording, Mischen, Mastern und so weiter und so fort. (Lacht.) Irgendwoher brauche ich auch noch `ne Promophase. Darauf hab ich gar keine Lust. Rein vom Ton wird es wesentlich düsterer, passt sich aber gut in die „Albumtrilogie“, die die letzten (Lehr)jahre in der Musik zusammenfassen.

Würdest du dich als Poetry Slammer beschreiben?
Nicht wirklich. Ich habe zwar schon an Poetry Slams teilgenommen und der nächste ist für Oktober im Schlachthof Lahr geplant. Aber ich sehe mich als Rapper und Producer. Als ich mit 18 Jahren zum ersten Mal auf einem Slam war, habe ich einen Text über politische Radikalisierung gerappt. Keiner hat’s verstanden. Damals war ich halt auf Krawall gebürstet. (Lacht.) Auch Rap-Liveauftritte soll es im Herbst geben.

Dein Rap ist allerdings sehr lyrisch. Wieviel Arbeit steckt in deinen Tracks?
Ich sitze praktisch täglich dran. Bis auf die Samples ist alles von mir. Ich bringe mir jetzt auch Gitarre und Klavier für die Samples bei.
Zu den Texten: An LORD FOLTER kann man sehen, dass ein lyrischer Style nachhaltiger ist – Man kann beim Hören immer wieder neue Textstellen für sich entdecken. Sowas zu schreiben, dauert unter Umständen gar nicht so lange. Klar, sammel ich Sprachbilder und Wortspiele über die Zeit. Ich habe ganze Handys und Laptops voller Ideen. Aber wenn ich einen aktuellen Anlaß habe, muss ich losschreiben. Wenn der Vibe stimmt, muss man ihn catchen. Man nennt das wohl einen kreativen Schub.

Meinst du, dass du mit deinem Stil eine Chance im Rapgame hast, groß zu werden?

Ich kann es mir nicht vorstellen und würde das auch nicht wollen. Allein der Druck mit einem Album so und so viel Geld wieder einspielen zu müssen, wäre total lähmend.
Ich möchte meine Musik frei zugänglich halten und eher so der Geheimtipp sein. Ansonsten gibt es ja auch Wege abseits des absoluten Mainstreams, sein Leben zu bestreiten. Trotzdem würde ich mir Respekt für die Leute wünschen, die seit Jahren guten Sound machen und nicht angemessen gewürdigt werden. Dafür gibt es zu viele, um sie aufzuzählen, aber NEGROMAN oder ELOQUENT, ein NEPOMUK oder AMEWU, fallen mir dazu ein. Ist, glaube ich, was für Liebhaber.

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