CameronF305 – Yandere Simulator Original Soundtrack: The Final Album

Vor vier Jahren veröffentlichte ein Entwickler aus Kalifornien, der sich YandereDev nennt, ein Horrorgame als Demoversion zum Download. Die Idee dazu hatte er 2014 auf 4chan ergattert. Es ist eine Art pervertierte 3D-Mangawelt, denn Ziel des Spiels ist es, Schülerinnen in einer Schule abzuschlachten. Dass YandereDev inzwischen selbst des Groomings von Minderjährigen beschuldigt wird, rundet das sexistische Bild ab. Inzwischen wurde sein immer weiter entwickeltes Spiel von Tausenden Gamern weltweit ausprobiert, denen der trashige Stil gefiel.
Der vorliegende Soundtrack ist der neunte seiner Art und der letzte von Producer CAMERONF305 aus Florida. Dieser war von 2019 bis 2023 „Lead Composer“ für das Projekt. Spiel und Soundtrack sind deshalb so interessant, weil sie mehrere popkulturelle Trends zusammenführen.

Da ist zunächst das Spielprinzip: Aus einer der unzähligen kitschigen, japanischen Dating-Simulationen (Ren’ai) wird so etwas wie ein grausames Stealth-Action-Game. Es dreht sich um die Schülerin Ayano Aishi, die sich in einen Jungen verliebt. Diese Liebe wird erst zur Obsession und dann zum eifersüchtigen Blutrausch gegen all jene Mitschülerinnen, die sie als Konkurrentinnen um ihn wahrnimmt. Hierbei kommen nicht nur üble Dinge wie Verführung, Lästern, Mobbing, Rufschädigung, Upskirting und Folter zum Einsatz. Die Rivalinnen werden auch hinterhältig mit verschiedensten Methoden umgebracht. Zum einen ließe sich eine Linie ziehen zu kontroversen Killerspielen wie Harvester und zum anderen zum Manga-Stereotyp der titelgebenden „Yandere“. Yandere sind weibliche Figuren, deren Charaktere von Unschuld auf Mordlust switchen wie in School Days. Sie erschienen auch schon in Videospielen wie Doki Doki Literature Club!. Die High School als Kampfort erinnert zudem an TV-Serien wie Buffy – Im Bann der Dämonen und an die unzähligen Amokläufe an Schulen weltweit. Man denke nur an das Schulmassaker von Osaka 2001.

Ein weiterer Diskurs ist die 80er-Retromanie: Im Oktober 2021 wurde der 1980s Mode vorgestellt, der die Vorgeschichte von Ayanos Mutter Ryoba erzählt, die ebenfalls aus Liebe zu einem Mitschüler in den 80ern zur Massenmörderin wurde. Ayano ist also eine Wiedergängerin ihrer Mutter. Diese mörderische Regression zeigt eine gleichbleibende Welt, in der Mädchen, die nicht zu den Schulschönheiten gehören, kaum mehr übrig bleibt, als durchzudrehen. Dieser Fatalismus könnte kritisch sein, wird jedoch nicht aufgelöst. Und so können hiermit auch sexistisch geprägte Mädchen und Jungs üben, Jagd auf Gleichaltrige zu machen. Die Täter des Columbine Highschool Massakers 1999 übten noch mit Killerspielen wie Doom.

Im werbehaften „Intro“ verabschiedet sich CAMERONF305 persönlich bei seinen Hörern, lädt aber zu weiteren Game-Soundtracks ein, die er in Zukunft zu produzieren gedenkt. Dann beginnt der komplett instrumentale Soundtrack mit „Yandere Simulator Trailer BGM“, einem typischen Anime-Keyboard-Geklimper, das sich dann aber mit Streichern zur düsteren Einstimmung auf den Psycho-Content verwandelt. „Ayano’s Plot“ setzt daran mit klimpernden Beats an und ist das gelungenste Stück. Das geheimnisvolle „Yakuza’s Mission“ erscheint in sechs Versionen unterschiedlicher Intensität bis hin zum aufregenden „Chase“, in dem die Hauptfigur von der Jägerin zur Gejagten geworden ist. 

Der 80er-Jahre-Modus wird mit einem gruseligen Dubstep-Track („Mission Mode“) und einem Poprocker („Light Music Club Minigame“) vorgestellt, die die moralische Gleichgültigkeit der Technik darstellen. Mit „Light Music Club Practice Music“ ist noch ein Elektro-Bonustrack vorhanden.

Trotz der Assoziationsvielfalt ist das vorliegende Album aber nur etwas für eingefleischte Fans, die nicht genug kriegen können von der abgründigen Atmosphäre zwischen Kitsch und Horror.

 

CameronF305
Yandere Simulator Original Soundtrack: The Final Album
(Selbstvertrieb)
VÖ: 24.05.2024

www.cameronf305.com

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