HAIYTI-Alben sind immer Wundertüten mit unbekanntem Inhalt. Mal kriegt man Deluxe-Tracks und mal seltsamen Trash. Aber wer die Zukunft des Deutschrap hören will, wird bei der Cloud Rapperin oft schlauer. So nahm sie etwa auf Speed Date (2021) den Hyperpop-Trend 2024 für Deutschland vorweg. Und nicht nur SKI AGGU verbindet Deutschpop und -rap, wie das letzte Album Junky (2023) bewies. Ist jetzt etwa Rock dran, wie der Titel des diesjährigen Albums suggeriert?
Nein, auch wenn im Opener-Skit „Der Kugelschreiber Poppt Nicht“ E-Gitarren-Lärm im Hintergrund erscheint. Hier wird rumgeschrien, wie es die Punker von ERSATZKOPF tun. Es folgt der uninspirierte Billig-Legacy-Rap „Beef Mit Der Welt“. Cooler und klassischer klingt dagegen der HipHop-Track „1,60“ von den Produzenten Bounce Brothas. Im Trap-Pop „Lumen“ von ihnen verbindet Haiyti mal wieder Größenwahnsinn und Todesnähe: „Bin ich schon heilig oder woher kommt das weiße Licht?“
Dann müssen traurige Lovesongs ran. Nur wer wahrhaft liebt, weiß wie in „Irgendwas“ eben nicht, was das gewisse Etwas ist, was den Anderen so interessant macht. Und man kann ihn immer wieder neu entdecken wie in „Bunte Planeten“. In der Pop-Single „Dreh Dich Nochmal Um“ macht die Lady beim Dating einen auf ganz unschuldig: „Ich kann dich nicht vergessen. Sag mir, ist das ein Verbrechen?“
Erst mit dem achten Track „Butterfly Doors“ tritt die alte böse Doubletime-Haiyti wieder auf. So wollen sie die alten Fans hören. Auch der Trap „Ain’t Rock It“ mit Mumble Rapper LUNCHBOX funktioniert.
Mit „Semtex“ hängt sie sich zu Gitarrenakkorden an den alten KOOL SAVAS-Track „Rapfilm“. Der deutsche „King Of Rap“ bekriegte einst EKO FRESH für dessen Ausflüge in die Pop- und Schlagerwelt („Das Urteil“). Jetzt sind die beiden versöhnt und Kool Savas macht mit dem Comedian Chris Tall Ballermann-Schlager („Schaf“). Wie sich die Zeiten doch geändert haben! Doch auch Haiyti glaubt immer noch ihre Realness unter Beweis stellen zu müssen, um sie sofort wieder mit Kitsch-Refrains zunichte zu machen („Tagebuch“). Im Skit „Ladyboy“ singt sie gar „Summer Nights“ aus dem Rock’n’Roll-Musical Grease nach. Der Altmeister der Cloud Rap-Öffnung MONEY BOY ist konsequenterweise dann auf „Cini Mini“ zu hören.
Nachdem sie mit „Texas“ an „Nie Ein Rapper“ von BUSHIDO und BABA SAAD erinnerte, kommt mit „Sternenhimmel Digital“ Haiytis Hang zum Hyperpop zum Tragen. Diese Mischung aus scheinbarer Authentizität und übertriebener Künstlichkeit ist offenbar ihre Marke. Damit ist sie natürlich auf dem Y2K-Trend („Y2K Guns“) und nichts besonderes mehr.
Haiyti
Stadium Rock
(Hayati Records)
VÖ: 07.03.2025
Live
07.03.25, Berlin, Zik
31.05.25, Konstanz, Campus Festival
20.06.25, Berlin, Mary Jane Festival
10.07.25, Hamburg, Millerntor Gallery Festival
08.08.25, Hamburg, Wutzrock Festival