Nothing, Nowhere – Cult Classic

Der vorgebliche musikalische Alleskönner NOTHING NOWHERE beendet sein Musikjahr mit einem Emopop-Album. Nach EmotrapFolkrock und Crossover macht er sein Vorhaben jetzt rund. Er will sich und der Welt beweisen, dass auch ein Depri Großes erreichen kann, doch ob Cult Classic tatsächlich ein paar Kultklassiker vereint und wenigstens für 2024 das beste seiner Alben ist, muss in Frage gestellt werden.

Emotional und doch generisch und radiotauglich erscheint „You“ als Opener. Hohe Stimme und weiche Gitarre laden ein, seine Trennungserzählung zu glauben. Dabei scheint er gesanglich die Vorwürfe an sich selbst auf die Freundin zu projezieren: „Cause you never change. You stay the same. You drive the same old interstate. You hate your friends. They hate you back. Is this the life you thought you’d have?“ Auch in „Baby Blue“ beschreibt er, wie er sich trotz Beziehung einsam fühlte. Dieser billiger Herzschmerz ist aktuell von vielen ehemaligen HipHoppern zu hören. Enttäuschung, überall. Die einzigen richtigen HipHop-Songs hier sind „Gloom“ und „Bullet“, ein Feature mit IAMJAKEHILL.

Man sagt, depressive Menschen sind wie Sensoren, die bei gesellschaftliche Krisen stark ausschlagen. Und tatsächlich hat der Niedergang der westlichen Nationen durch Spaltung und Rechtsruck gerade in diesem Jahr viele Freundschaften und Beziehungen zerstört. JOE MULHERIN hat seine Depression schon in den Vorgänger-Platten angesprochen und wird im Emoraptrack „Ice Road Trucker“ noch einmal deutlich: I wanna be a cowboy or an ice road trucker, but I’m a lazy motherfucker. Its like every single day’s the same: Complain about my life and all I do is sleep late and play games.“ Diesem Selbstmitleid („The problem with pain is: It’s bad for me but I like it.“) hat er kreativ jede Menge Arbeit an der Gitarre und im Studio entgegengestellt.

„Dead Wrong“ ist ein Folkpopsong mit DARCY BAYLIS, in dem Mulherin fast mit Kinderstimme versucht, verheult zu singen. Joe ist auch enttäuscht von der Musikkritik, wie er in „Quebec“ ironisch brüllt: „Five hundred songs and I never saw a payment! Nothing that you say could ever hurt me. Ten thousand hours and nobody ever heard me!“ Er erinnert sein Gegenüber auch an erfolgreiche Shows in Deutschland.

Was bleibt von seinem Musikjahr? Nothing, Nowhere hat viele traurige Lieder geschrieben – vier Alben, die herunterziehen und eher Bestandsaufnahmen sind, als für sich stehende Werke. Er hat bewiesen, dass er als Musiker ernst genommen werden muss und Genregrenzen für ihn nicht existieren. Seine beste Platte 2024 war Hell Or Highwater. Hier hatte Darcy Baylis übrigens auch bei „Hydrangeas“ und „Honey“ unterstützt. Vielleicht sollten sie beim Folk gemeinsam weitermachen.

 

Nothing, Nowhere
Cult Classic
(Reapers Realm Records)
VÖ: 20.12.2024

www.nothingnowhere.net

FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail