Foto: Oscar Falck / Malmö Tourism
Der EUROVISION SONG CONTEST war vor zwei Jahren hier zu Gast, Emmerdale, das Debütalbum der CARDIGANS ist Anfang der Neunziger hier entstanden – aber was weiß man sonst über die Musikstadt Malmö? Nicht viel, wie wir feststellten, als wir uns Anfang des Jahres sozusagen blind in Rymdar verliebten, das zweite Album des in Malmö beheimateten Duos LYMLAND. Grund genug, ein langes Wochenende in der drittgrößten Stadt Schwedens zu verbringen…
In vier Interviews mit den Künstlern LYMLAND, SOLANDER, BIG FOX und ASTROMIKE GORDON ist ein Bild von einer vielseitigen, aufgeschossenen Stadt entstanden. In diesem Artikel, der die Poptravel-Berichterstattung zu Malmö vorerst abschließt, haben wir weitere Eindrücke zusammengefasst…
Szeneviertel Möllevången
Malmö ist multikulti, das merkt man schon in den ersten Eindrücken Minuten. Eher untypisch für Schweden ist das „voll integrierte Stadtzentrum“ (wie ASTROMIKE GORDON es im Interview ausdrückt), und wie überall auf der Welt tut die Konfrontation mit dem Fremden den Menschen und der Kunst gut. Nirgendwo spürt man das so deutlich wie im Szeneviertel Möllevången, das in seiner Ungezwungenheit und dem Spaß am Ausprobieren an die schönsten Tage von Berlin-Kreuzberg denken lässt und gerade nicht an dessen derzeitiges überkandideltes und finanziell gut ausstaffiertes Hipstertum. Viele kleine Clubs finden sich hier, das schräge GRAND ÖL & MAT etwa, zahllose Restaurants (darunter jede Menge Falafel-Buden!) und mit dem FOLKETSPARK ein gesellschaftliches Zentrum, in dem Disco und Kindergarten, Graffiti-Wand, Festivalbühne und jedermanns Lieblingslokal FAR I HATTEN einen traumhaft bunten Mix schaffen, in dem man es ohne weiteres den ganzen Nachmittag aushalten kann.
Crossover-Location Moriksa Paviljongen
Eine wahrlich herausragende Location ist der MORISKA PAVILJONGEN – und das nicht nur, weil das Gebäude, dessen architektonischer Stil offenkundig durch den Flirt mit dem Orient Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt ist, den FOLKETSPARK, in dessen Zentrum es steht, weit überragt. Denn auch und gerade programmatisch ist die Location ein wahrer Leuchtturm: Per Selbstauflage und mit städtischer Unterstützung gibt die Location kulturellen Minderheiten Raum zum Feiern. So ist es etwa nicht unüblich, dass in den drei nicht sonderlich großen Räumen am gleichen Abend der gemütliche indie indie Superklubb, eine krachende Tropical Bass-Party und Queer-Disco auf dem Programm stehen, Afro-Psych-Rock-Jazz oder ein Konzert von W.A.S.P. (!!!) – wobei bei den Partys ein Eintritt für alle Veranstaltungen reicht und man so auch stets eingeladen ist, in Welten vorbeizuschauen, mit denen man ansonsten vielleicht nicht in Berührung gekommen wäre. Der MORISKA PAVILJONGEN steht damit auch symoblisch für Malmö.
Streetart von Artscape
Im Interview mit LYMLAND ist es bereits angeklungen: In Malmö blüht nicht nur die Musik, auch die urbane Kunstszene findet hier perfekte Voraussetzungen – ganz anders übrigens als in der Hauptstadt Stockholm, wo bis vor kurzem noch eine Zero Tolerance-Politik galt und man allein für den Besitz einer Spraydose Ärger mit der Polizei bekommen konnte. In Malmö aber steht die Stadt hinter der Streetart – ein Umstand, den DANIEL WAKEHAM und TOR HEDENDAHL mit der Gründung des Urban Art-Festivals ARTSCAPE im vergangenen Jahr genutzt haben. Unter den mehr als zwanzig internationalen Künstlern, die für das Festival teils haushohe Wände im Stadtzentrum wie auch in weiter abgelegenen Bezirken in fantastische Welten verwandelten, waren Stars wie PHLEGM, ABOVE, NATALIA RAK, FAITH47 oder STINKFISH. Wakeham und Hedendahl konnten für die Premiere von ARTSCAPE zwar keine Honorare zahlen, dafür aber mit einem vielleicht noch wichtigeren Argument überzeugen: Die Kunstwerke sind ohne Ablaufdatum von der Stadt genehmigt und prägen dauerhaft das Stadtbild – eine Voraussetzung für die Arbeit von ARTSCAPE.