The Drums – Jonny

Whoa! Was ist das für ein Cover? Betet JONATHAN PIERCE hier nackig oder bietet er sich an? Ist das selbstverliebt oder unterwürfig? Die Fragen werden noch zu klären sein, wenn es um das neue Album von THE DRUMS geht, zwei Jahre nach der B-Seiten-Sammlung und vier Jahre nach der letzten Studio-Platte.

Jonny, so sagt schon der Titel, soll das bisher persönlichste Album darstellen. Der Opener „I Want It All“ ist erst einmal eine Erinnerung an eine gescheiterte Beziehung sowie ein Rückbezug auf den Sound von Portamento, was eine gute Idee ist, denn erst vor kurzem ging „Money“ auf TikTok mal wieder viral. Pierces Uh-Hu-Chöre sind auch wieder im Hintergrund, die verdruckst an die BEACH BOYS gemahnen. „Isolette“ ist dann Galgenhumor mit scheinbar unbekümmertem Beachpop. Ja, er hat’s immer noch drauf.

„Im Still Scared“ ist ein seltsames Elektro-Stück mit Fuzz-Gitarre, in dem er vor sich her jammert. Im Indiepopper „Better“ beschwört er: „My sweet little charmer, I wanna give you all of my body.“ Das klingt wie PLACEBO-Texte und so deutlich stand er noch nie zu seiner Homosexualität: „You are the father and the son.“ („Teach My Body“).

Mit Knabenchören aus „Harms“ erinnert er sich an seine Mutter. In den letzten Jahren haben mehrere Musiker von GRIMES („Genesis“) bis ETHEL CAIN ihre christliche, sexuell unterdrückerische Erziehung aufgearbeitet. Damit hat Jonathan schon länger begonnen („Book Of Revelation“). Er versucht laut „Protect Him Always“, sein kindliches Ich wieder ins Licht zu holen („So sweet, so tender, still looking for his mother.“)

Um nicht erneut verletzt oder retraumatisiert zu werden, bittet er künftige Lover: „Be Gentle“. Dazu erklingen natürlich ganz sachte Gitarren. In „Pool God“ hat der Liebhaber die kindlichen Bedürfnisse erfüllt und die Psychose überwunden, sodass Jonny endlich auch mal männlich singen kann. Doch die eigentliche Überraschung des Albums ist „Dying“. Dieser Track beginnt als Dreampop und wandelt sich dann in ein Feature mit US-Rapperin RICO NASTY.

Nach weiteren introvertierten oder mehr abgehenden Titeln endet die Scheibe. Schön ist, dass Jonnyboy zum etablierten The Drums-Sound zurückgefunden hat, nachdem er sich auf Brutalism doch etwas verirrt zu haben schien.

 

The Drums
Jonny
(Anti)
VÖ: 13.10.23

www.thedrums.com

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